1. Wahrnehmung von Spekulanten in der „heißen Phase“
Im Oktober 2015 jährt sich die Bühnenbesetzung beim Frankfurter Schauspiel zum 30. Mal: ca. 25 Vertreter der jüdischen Gemeinde (1) verhinderten die Aufführung von Fassbinders „Der Müll, die Stadt und der Tod“. Fassbinder beschreibt in seinem Stück ein Stadt-System, in dem es den Menschen schlecht geht. Anstatt die systemischen Zusammenhänge mühsam zu analysieren, dann zu kritisieren, suchen einige Figuren die Schuld dafür in gänzlich sachfremdem Zusammenhang. „Und Schuld hat der Jud“ (2) flucht der erfolglose Immobilien-Developper im Stück: Antisemitische Projektion statt nüchterner Analyse der Effekte von marktwirtschaftlicher Konkurrenz.
Fassbinders Stück ist eines über Antisemitismus. Es sucht eine Erklärung für das soziale Phänomen von Vorurteil und Projektion. Dem Erklärungsversuch muß man nicht zustimmen. Aber selbstverständlich gehören zu so einem Modell auch Antisemiten. Den Autor mit der Haltung dieser Figuren zu identifizieren, war und ist abwegig. Genau das ist großen Teilen des deutschen Feuilletons jahrelang unterlaufen.
Um Projektion geht es nicht nur im Stück. Antisemitische Projektion begleitet auch den zugrundeliegenden Stoff: die Umstrukturierung einer Stadt. Indirekt liegt dem Stück die Umstrukturierung des Frankfurter Westends von einem gehoben-mittelständischen Wohnviertel zum bevorzugten Bürostandort zugrunde. Die konkreten Vorgänge im Westend kannte Autor Fassbinder kaum. Er griff auf den „realistischen Roman“ seines Freundes Gerhard Zwerenz zurück: „Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond“. Aus Zwerenz‘ sehr detailreicher Beschreibung lokaler Begebenheiten destillierte Fassbinder abstrakte Handlungsmomente heraus.
An dieser Stelle soll es nicht um die Literatur gehen (3), sondern um ganz parallele Projektionen in der Bauwirklichkeit und deren medialer Verarbeitung: Antisemitismus wurde im Zuge der Frankfurter Bauaktivitäten deutlich. Überraschend, in welchen bürgerlichen, konservativen und linksliberalen Medien die antisemitische Projektion auftaucht: die Rede von „jüdischen Spekulanten“ ist gängig. Medien wie die FAZ sind von ihrer Grundhaltung eigentlich sowohl Investoren und Bauherren gegenüber freundlich gesonnen wie auch nicht im Verdacht des Antisemitismus. Gerade hier aber wurde makaber unterschieden in gute, wohltätige Juden (edle Stifter, die leider von den Nazis ermordet wurden) und die neu zugezogenen „schwarzen Schafe der jüdischen Gemeinde“, die das schöne Westend kaputtmachen.
FAZ-Autor Wilfried Ehrlich fragt nahezu ganzseitig am 28. Oktober 1971 „Wer soll da noch Häuser bauen? Jüdische Bauherren fühlen sich als Opfer einer antisemitischen Kampagne“. Letztlich ist der Artikel selbst dazu geeignet, antisemitische Ressentiments zu fördern, denn Ehrlich schreibt: „Ein offenes Geheimnis ist, daß die Mehrzahl der Westend-Investoren Juden sind. Ihnen wird auch von Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt vorgeworfen, sie hätten mit aller Härte gearbeitet, wenn es darum ging, … Häuser frei zu machen.“ (4)
Ehrlich nimmt also die Jüdische Gemeinde in Schutz gegen eine Minderheit ihrer Angehörigen – die zugleich die Mehrheit der „bösen“ Westend-Investoren sein solle. Was die Religionszugehörigkeit mit der Geschäftstätigkeit zu tun haben könnte, wird nicht gefragt.
Ganz ähnlich die AGW – Aktionsgemeinschaft Westend, eine der ersten Bürgerinitiativen in Deutschland; sie stellt sich der Umwidmung des Wohngebiets in ein Büroviertel in den Weg und kämpft für bezahlbaren Wohnraum. Auch sie unterstellt mit absoluter Selbstverständlichkeit, dass es Juden seien, die die Umstrukturierung des Westends betreiben würden. Man gibt sich differenziert: „Die Westend-Investoren bilden zahlenmäßig nur einen winzigen Bruchteil der Frankfurter Jüdischen Gemeinde, und keiner von ihnen hat eine Beziehung zur sozialen Stellung und Tradition der Frankfurter Juden von 1933.“ (5)
Makaber, wie gute „alte Juden“ gegen böse Neuzugänge ausgespielt werden: dass die „alten“ Juden ermordet oder verjagt wurden, fehlt. Genauso fehlt jeder Hinweis, wie eine Religionszugehörigkeit für eine Geschäftstätigkeit relevant sein könnte. Es wird blankweg unterstellt, dass „die Westend-Investoren“ Juden seien.
Im Sommer 1970 beginnen die Hausbesetzungen in Frankfurt. Im November sind die drei Häuser Eppsteinstr. 47, Corneliusstr. 24 und Liebigstr. 20 besetzt. Über Hausbesetzung und die Besetzer berichtet der linksliberale „Spiegel“ – und über die Hauseigentümer: „Die betroffenen Hausherren, alle drei Juden, ansonsten ohne nennenswerte Gemeinsamkeiten“ (6). Aber die Gemeinsamkeit, dass es Juden sind: die ist dem Spiegel berichtenswert. Geeignet, um die projektive Gleichsetzung „Juden = Spekulanten“ zu evozieren – ansonsten für das Phänomen der Gentrifizierung irrelevant. Sehr treffend bemerkte Ignatz Bubis dazu: „Ich habe den Begriff ‚Spekulant‘ nie als Schimpfwort empfunden, nur wenn man gesagt hat, daß das ‚jüdische Spekulantentum‘ wieder am Werk sei, habe ich mich gewehrt“ (7).
Genau die „jüdischen Spekulanten“ witterten (bürgerliche) Presse, Passanten und Graffiti-Sprayer allüberall. Sei‘s in der „verständnisvollen“ Variante der FAZ: die Spekulation wird von einer kleinen Gruppe Juden betrieben – aber nicht alle Juden sind Spekulanten. Oder im verallgemeinernden Vorurteil, dem jeder zum Juden wird, der spekuliert: „Zu jener Zeit konnte man in der Straßenbahn, die über die Bockenheimer Landstraße an den Baggern und Baugruben vorbeifuhr, Leute murren hören: ‚Die Judde sin widder da!‘, und auf den Bauzäunen waren manchmal antisemitische Parolen zu lesen. Namen wie Buchmann, Selmi und Bubis wurden bekannt. Als im Selmi-Hochhaus am Platz der Republik ein Feuer ausbrach, standen die Leute und freuten sich, daß dem Juden das Haus abbrannte. Noch heute trifft man Frankfurter, die Selmi für einen Juden halten, was er nicht ist.“ (8)
Moishe Postone forscht über Antisemitismus gerade auch in Deutschland. Der Professor für Geschichte an der University of Chicago arbeitete von 1972 bis 1982 am Frankfurter Institut für Sozialforschung. Über die Juden im Frankfurt der Nachkriegszeit schreibt Postone: „Eine Gruppe schließlich stieg ins Grundstücksgeschäft ein und zwar zu einer Zeit als Frankfurt eine strukturelle Transformation durchlief“ (9). Wobei ihm zufolge nicht nur ein Teil der Juden in der Immobilienbranche arbeitete, sondern auch umgekehrt gelte: „ Unter den Grundstücksspekulanten war eine überproportional hohe Anzahl von Juden. Und als solche wurden sie von der Bevölkerung auch wahrgenommen.“ (10)
Den Schluss der dritten Phase der Westendumstrukturierung hat Postone in Frankfurt erlebt. Die vorangegangenen Phasen blendet Postone jedoch aus, wenn er behauptet, erst „in den späten sechziger Jahren entwickelte die Stadt Frankfurt zusammen mit einem Unternehmenskonsortium (im wesentlichen die großen Banken) einen Plan zur Umgestaltung des Westends“ (11). Unten wird gezeigt, dass die städtischen Planungen deutlich älter waren. Auch die Rede vom „Unternehmenskonsortium“ vermittelt den Eindruck einer deutlich engeren (wenn nicht korrupten) Kooperation, die über allgemeines Artikulieren von Bedarf nach Büroraum hinausgeht.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Prozesse von Umstrukturierung, Umwidmung in Gewerbefläche, später dann Gentrifizierung überhaupt mit der sachfremden Eigenschaft einer privaten Religionszugehörigkeit verknüpft werden: das ist der Beginn von Vorurteil und Projektion. Zugleich das Ende einer nüchternen Analyse, welcher Prozeß da vonstatten geht. Welcher Prozeß die Stadt profitabel macht, zugleich die Lebensqualität vieler ihrer Bewohner tangiert.
Auffallend ist, dass die Verknüpfung des (sozialen) Umstrukturierungsprozesses mit der (privaten) Religionszugehörigkeit nicht nur in Publikumspresse oder am Stammtisch passiert, sondern auch in wissenschaftlicher Literatur behauptet wird.
Aber Bubis war doch Jude? Als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde bekannt, zugleich bekennender Spekulant – bzw. „Konjunkturritter“ [wie er seinen Job lieber beschrieb (12)]. Schon die Frage lenkt vom komplexen Zusammenspiel ab, wie das Westend sich entwicklelte.
2. Exkurs zur Umstrukturierung des Wohngebiets Westend
2.1. Entstehung des Frankfurter Westends
Im Zuge der Revolutionskriege wurde Frankfurt von französischen Truppen beschossen, u.a. im Juli 1796. 1806 trat Frankfurt dem Rheinbund bei und begann, seine Wallanlagen zu schleifen (bis 1818). Mit dem Fall der Wälle wuchs die Stadt, gründete auf vormaligem Acker- und Weideland neue Wohnviertel, darunter das Westend entlang der neuerbauten Bockenheimer Landstraße zum Nachbarort Bockenheim (der 1822 die Stadtrechte erhielt und 1895 eingemeindet wurde). Das Westend wurde zunächst mit luxuriösen Palais‘ bebaut.
Die Frankfurter Judengasse, das 1462 erbaute Ghetto, wurde bei dem französischen Beschuß im Juli 1796 zerstört. Daraufhin durften die Juden das Ghetto verlassen, erhielten 1806 Bürgerrechte – die 1807 wieder kassiert wurden. 1811 wurden die Juden zurück in die Judengasse gezwungen. Erst 1864 hob Frankfurt (als zweiter deutscher Staat nach dem Großherzogtum Baden 1862) den Ghettozwang auf. Der größere Teil der rund 600 jüdischen Familien zog darauf ins Ostend. Von den vermögenden 60 jüdischen Familien zogen viele ins Westend, das so einen überdurchschnittlichen jüdischen Bevölkerungsanteil gewann.
Anfang des 20. Jahrhunderts sank das Westend von luxuriösem zu gehoben-mittelständischem Wohngebiet herab: so manches mehrgeschossige Einfamilienhaus wurde zu Geschoßwohnungen umgebaut.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Frankfurt mehrfach bombardiert. Über die Hälfte der Häuser im Westend wurden zerstört (13), in exponierten Lagen wie z.B. um den Platz der Republik (zwischen Hauptbahnhof und Messe gelegen) über 70 % (14). Die am Rande zur Innenstadt gelegenen Bereiche entlang der Mainzer Landstraße, Taunusanlage, Reuterweg und Bockenheimer Anlage wurden ebenfalls zu über 70 % zerstört. (14)
Verwaltungstechnisch besteht das Frankfurter Westend heute aus zwei Stadtteilen: Westend-Süd und Westend-Nord; die Grenze verläuft entlang des Grüneburgwegs.. Die Auseinandersetzungen um die Umstrukturierung spielten sich vor allem im Stadtteil Westend-Süd ab. Auch die Literatur bezieht sich überwiegend nur auf das „Westend-Süd“. Dem wird hier gefolgt; nachfolgende statistische Angaben beziehen sich jeweils immer darauf.
2.2. Entwicklung von Frankfurt zu Bankfurt
Frankfurt entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zur Banken- und Dienstleistungsmetropole. Die Reichsbank saß bis 1945 in Berlin. 1948 gründeten britische und amerikanische Besatzungsmacht die Bank deutscher Länder in Frankfurt. Daraus entwickelte sich die Bundesbank; Frankfurt kämpfte um den Standort – mit Erfolg: Das Bundesbankgesetz von 1957 bestimmte den Sitz der Bundesregierung als Sitz der Bundesbank, „solange dieser sich nicht in Berlin befindet, ist Sitz der Bank Frankfurt am Main“ (15).
In der Folge verlegten Großbanken ihren Sitz oder ihre Hauptverwaltung nach Frankfurt, darunter die Deutsche Bank: gegründet 1870 in Berlin, 1945 von den Alliierten „entflochten“, im Mai 1957 rückwirkend zum 1. Januar 1957 wiedergegründet mit Sitz Frankfurt. Ebenso die Dresdner Bank: gegründet 1872 in Dresden, ab 1884 mit Hauptverwaltung in Berlin, 1945 von den Alliierten „entflochten“ und ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 1957 mit Sitz Frankfurt wiedergegründet (und 2009 von der Commerzbank übernommen). Weitere Banken und Versicherungen kamen mit Hauptverwaltungen oder Niederlassungen hinzu. Die Stadt förderte den Ausbau des gehobenen Dienstleistungssektors – und profitierte von den Gewerbesteuereinnahmen.
2.3. Westend: Wiederaufbau 1951 – 1958
In den Jahren bis 1958 oder 1961 (die Quellen schwanken bezüglich des Endes) wurde das Westend wiederaufgebaut – als Wohnviertel, und zwar als überdurchschnittlich stark anwachsendes Viertel.
Tabelle 1: Einwohnerentwicklung während des Wiederaufbaus (16)
Jahr |
Westend |
Frankfurt insgesamt |
1950 |
22.059 |
532.037 |
1961 |
29.801 |
683.081 |
Zuwachs |
35,09 % |
28,4 % |
Obwohl das Westend klar als Wohngebiet ausgewiesen war, zeigen sich erste Frühindikatoren für den Strukturwandel, darunter insbesondere die hohe Bodenmobilität: die Hälfte der Westend-Fläche wird bis 1955 verkauft. Bis 1962 sind es 80 %, bis 1969 schon über 100 %, die rechnerisch verkauft wurden. „Rechnerisch“, weil manche Grundstücke mehrfach ihren Besitzer wechselten, während andere Flächen nie verkauft wurden.
Die Frankfurter Wirtschaftsgeographen Karl Vorlaufer und Gunnar Kade haben den Strukturwandel im Westend in zwei Studien detailliert bis zum Jahr 1972 untersucht. Demnach liefen die umfangreichsten Eigentümerwechsel in den vier Jahren 1951 bis 1954: hier wurden 464.390 qm verkauft, was mehr als einem Drittel des Westends entspricht. Insgesamt wurden 110 % der Fläche bis 1971 verkauft.
Tabelle 2: Entwicklung der Grundstücksmobilität (17)
Jahr |
kumulierter Flächenumsatz |
kumulierter prozentualer Flächenumsatz |
1952 |
324.230 |
24,72 |
1955 |
656.080 |
50,02 |
1958 |
880.350 |
67,05 |
1962 |
972.343 |
80,56 |
1966 |
1.120.383 |
91,85 |
1968 |
1.204.413 |
98,25 |
1969 |
1.284.593 |
104,36 |
1970 |
1.290.294 |
108,71 |
1971 |
13.719.024 |
110,90 |
Gesamtfläche: 1.311.530 qm, Basisjahr: 1948
Die auffallend hohe Verkaufsrate beruht auch auf einem Westend-spezifischen Grund: „In diesem Viertel wohnte vor 1939 ein beträchtlicher Anteil des sozial gehobenen jüdischen Bürgertums der Stadt Frankfurt“ (18), das v.a. in den Jahren 1936 bis 1940 enteignet wurde [„Arisierung“, (19)]. „Im Rahmen der … Wiedergutmachung erhielten zahlreiche der im Ausland lebenden jüdischen Familien ihren Frankfurter Vorkriegsbesitz wieder zugesprochen. Die meisten dieser Familien verkauften unmittelbar nach der Rückerstattung ihren Grundbesitz, da sie überwiegend nicht eine Rückkehr in die BRD erstrebten. Die im Zusammenhang mit der Wiedergutmachung vollzogenen Bodenverkäufe machten in den Jahren 1952 – 1956 jährlich immerhin ca. 20 – 30 % der Eigentumswechsel aus.“ (20).
Bis 1958 gab es Bauaktivitäten auf einer Grundstücksfläche von 314.270 qm – was bereits die Hälfte der 619.040 qm ist, auf denen bis 1972 Bauaktitvitäten stattfanden. Dabei dienten die Bauaktivitäten bis 1958 noch überwiegend dem Wohungsbau: insgeamt 495.260qm Bruttogeschoßfläche wurden erstellt – von denen 1972 noch 309.350 qm oder 62 % zu Wohnzwecken genutzt wurden (21).
Zugleich wurden Bürogebäude erstellt, die feuerpolizeilich schon als Hochhäuser gelten wie z.B. das Verwaltungsgebäude der Alten Leipziger Lebensversicherung an der Bockenheimer Landstraße 42 / Ecke Liebigstraße (sieben Etagen, erbaut 1952, abgerissen 1985) oder das Albingia-Haus an der Friedrich-Ebert-Anlage 32 / Ecke Beethovenstraße (sieben Etagen, erbaut 1959, heute algerisches Generalkonsulat).
2.4. Mit Parkhäusern und U-Bahn auf dem Weg in die Moderne
Die Stadtverwaltung wollte eine moderne Stadt wiederaufbauen. Gründerzeithäuser und Jugendstilvillen paßten schlecht zum gewünschten Erscheinungsbild – anders als z.B. Parkhäuser: 1955 eröffnete nahe der Hauptwache das erste Parkhaus Deutschlands. Die städtebaulichen Ziele waren in den 50ern und 60ern andere als heute; Hochhäuser galten als schick.
Planungsdezernent Hans Kampffmeyer wünschte eine „aufgelockerte, zugleich verdichtete Bebauung“. Statt durchgängiger Häuserfronten (wie bei Gründerzeitbauten häufig zu sehen) wünschte er frei zugängliche Grünflächen rund um Hochhäuser. Eine derart „verdichtete“ Bebauung wurde aus einem anderen Grund auch notwendig: nachdem Frankfurt Vorreiter beim Autoverkehr war (erstes Parkhaus!), kümmerte man sich auch um den öffentlichen Nahverkehr. Als dritte Stadt in Deutschland (nach Berlin und Hamburg) plante Frankfurt eine U-Bahn. Im Juli 1961 beschließen das die Stadtverordneten, im Juni 1963 beginnt der Bau der ersten Linie. Gleichzeitig verhandelt die Stadt Frankfurt mit der Deutschen Bahn über den Bau der S-Bahn. Der Vertrag wird erst im April 1969 geschlossen und die erste Strecke 1978 eröffnet – aber erste Planungen und Gespräche hatten schon 1962 begonnen (22).
Frankfurt galt damals als zu klein für eine Tiefbahn. Damit das Prestigeprojekt „U-Bahn“ sich rechnet, war für die Stadtverwaltung klar, dass sehr viele Menschen im jeweils direkten Umfeld der Haltestellen wohnen bzw. arbeiten mußten. Nur so konnte sie attraktiv genug sein, genug Pendler befördern. Dafür brauchte es Hochhäuser: in den Wohnvierteln gleichermaßen wie an den Arbeitsorten.
Hochhäuser schufen aus dieser Perspektive eine Win-Win-Situation: Bürofläche für den stark expandierenden Tertiären Sektor – Banken, Versicherungen, Anwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfer etc. waren stets auf der Suche nach Räumen an repräsentativer Adresse. Zugleich waren sie als Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler hochwillkommen. Der Vorzug „Fahrgastpotential für die neue U-Bahn“ paßte gut, um die Modernisierung der Stadt machbar werden zu lassen.
2.5. Strukturwandel: überraschend oder gewollt und geplant?
Hartnäckig hält sich bis heute das Gerücht, die Kommunalpolitik wäre von der Spekulation überrascht worden und hätte erst verspätet darauf reagiert (23). Schon 1970 klagte die FAZ: „Anstatt die Entwicklung zu steuern, auf die Gestaltung auch der Erneuerung aktiven Einfluß zu nehmen, hinkten die Stadtplaner nach, sahen sie zu, wie private Initiative nach Belieben schaltete.“ (24).
Das verkennt die Lage. Tatsächlich war die Umstrukturierung vielleicht nicht von allen Kommunalpolitikern, wohl aber von der Stadtverwaltung gewollt. Insbesondere der Planungsdezernent Hans Kampffmeyer wollte die Umstrukturierung auch in den Details beeinflussen. „Seit etwa 1960“ (25) lag den Planungen für das Westend der behördeninterne „Drei-Finger-Plan“ zugrunde: entlang von drei Hauptachsen sollten Gewerbestandorte im Wohngebiet entstehen.
Zunächst war an Taunusanlage / Mainzer Landstraße, Kettenhofweg und Bockenheimer Landstraße gedacht. Später wurde daraus ein Fünf-Finger-Plan, den die Stadtverordnetenversammlung am 10. Oktober 1968 „zustimmend zur Kenntnis nahm“ (26): hier kamen Oberlindau und Reuterweg noch hinzu: an diesen Straßen wünschte die Stadt „verdichtete“ Bebauung = Hochhäuser: Gewerbestandorte mit einkommensstarken Arbeitsplätzen in gewebesteuerintensiver Branche.
Aber die Stadt wollte gerade keinen Wildwuchs. Sie wollte jedes einzelne Bauvorhaben kontrollieren. 1965 erließ sie fünf Bebauungspläne für die Teilbereiche des Westends. Alle deklarierten das gesamte Gebiet als „allgemeines Wohngebiet mit höchstens vier Vollgeschossen“ und einer Geschoßflächenzahl (GFZ) von 1,1 (27). Das Ziel, Hochhäuser unter bestimmten Bedingungen per „Befreiung“ vom Bebauungsplan zu genehmigen, sollte ebenfalls in den Bebauungsplan – doch das hessische Innenministerium hielt das für rechtswidrig: diese Passagen wurden im Okt. bzw. Nov. 1966 nicht genehmigt (28).
Doch die Stadt Frankfurt hatte ihre Bedingungen bekanntgegeben – und verfuhr auch ohne ministerielle Absegnung danach. Sie nutzte das Instrument der Ausnahmegenehmigung bzw. „Befreiung vom Bebauungsplan“, um ihre Vorstellungen durchzusetzen, insbesondere
- eine Mindestgrundstücksgröße von 2.000 qm,
- darauf „grundbuchlich gesicherte Gehrechte für die Allgemeinheit auf bis zu vierzig Prozent der Grundstücksfläche“ (29),
- Erhalt des Baumbestands bzw. Nachpflanzpflicht (l.c.)
- der Bau von Parkplätzen (bevorzugt Tiefgaragen oder benachbarte Parkhäuser, l.c.)
Absichtlich war kein Straßenzug als „Kerngebiet“ oder „Gewerbegebiet“ ausgewiesen worden: dann hätte es einen Rechtsanspruch auf höhere Bebauung gegeben. „Am 14. 7. 1969 hatte sich der Magistrat … noch einmal ausdrücklich für die Steuerung der Westendentwicklung durch Befreiungen ausgesprochen.“ (30). Damit konnte die Stadt bei jedem einzelnen Vorhaben spezielle Wünsche durchsetzen. Hochhaus-Bauvorhaben wären in keiner Weise einklagbar gewesen, sondern wer Büros im Westend bauen wollte, mußte sich dem Willen des Planungsamtes fügen.
Das Konzept funktionierte: schon 1958 begann der Bau des Zürich-Hauses auf dem Gelände des heutigen Opernturmes, das 1960 fertiggestellt wurde (31): ein Turm von 68 m Höhe = 19 Etagen auf quadratischem Grundriß zzgl. einem Langbau von 8 Etagen. Das Zürich-Haus wurde als erstes Hochhaus im Westend unter Denkmalschutz gestellt, 2002 dennoch abgerissen. Sein Name rührt vom Eigentümer her: der Zürich-Versicherung. Diese vermietete die Hochhausetagen, u.a. an amerikanische Banken oder den Markenartikler Procter & Gamble. Ihre eigene Verwaltung brachte die Zürich-Versicherung in dem zurückliegenden Langbau unter. Direkt daneben erbaute die BHF-Bank von 1962 bis 1965 ihr Haus von 82 m = 23 Etagen. Es folgten u.a. das Hochtief-Haus des Architekten Egon Eiermann (83 m hoch, 22 Etagen, erbaut von 1966 bis 1974), der Parktower (155 m hoch, 29 Etagen, erbaut 1968 bis 1972) oder das „Hochhaus mit der Uhr“ (heute „Rhein-Main-Center“, 84 m hoch, 22 Etagen, erbaut ab 1969).
Weitere Hochhäuser wuchsen in den Himmel – und eine Änderung bei den Bauaktivitäten im Westend wird deutlich: während in den Wiederaufbaujahren 1950 bis 1958 überwiegend Wohnraum erstellt wurde und nur 37 % der da erbauten Bruttogeschoßfläche 1972 gewerblich genutzt wurde, überwiegt ab 1959 der Neubau gewerblicher Flächen. In den Jahren 1959 und 1960 sind es 59 %. Im Zeitraum von 1961 bis 1972 liegt der gewerbliche Anteil bei 91 %!
Tabelle 3: Anteil gewerblicher Fläche an neu erstellter Bruttogeschoßfläche (32)
Zeitraum |
erstellte Bruttogeschoßfläche |
davon gewerblich genutzt (im Jahre 1972, in qm) |
gwerblicher Anteil |
1950 – 1958 |
494.830 |
185.480 |
37 |
1959 – 1960 |
110.210 |
64.890 |
59 |
1961 – 1972 |
574.470 |
521.850 |
91 |
Der Wechsel vom Wohnungs- zum Büroraum geschieht also nicht erst Ende der 1960er, sondern schon zu Beginn der 1960er Jahre. Allerdings sind es zu Beginn noch andere Akteure, die die den dringend gesuchten Gewerberaum, damit eine der Grundlagen zur Ansiedlung hochwertiger Arbeitsplätze im Westend schaffen.
Unternehmen des tertiären Sektors, also Anbieter höherwertiger Dienstleistungen wie Banken, Versicherungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften etc. bieten ihren Beschäftigten attraktive Gehälter, der Stadt hohe Gewerbesteuereinnahmen – und die unangenehmen Begleiterscheinungen von Fabriken wie Lärm und Gestank entfallen. Ein Blick auf die Beschäftigtenstatistik zeigt, dass die Stadt Frankfurt mit ihrer Ansiedlungspolitik erfolgreich war:
Tabelle 4: Beschäftigte im Westend im Vergleich zu Frankfurt (33)
(laut Arbeitsstättenzählung 1970, nur ausgewählte Branchen)
Branche |
Westend |
Frankfurt insg. |
||
absolut |
in % |
absolut |
in % |
|
Kredit- und Versicherungsgewerbe |
9.346 |
19,5 |
40.261 |
7,5 |
Rechts- und Wirtschaftsberatung usw. |
7.495 |
15,6 |
31.661 |
5,9 |
verarbeitendes Gewerbe |
3.671 |
7,6 |
161.110 |
29,9 |
Dabei hat die Stadt Frankfurt die Ansiedlung des tertiären Sektors aktiv unterstützt, z.B. indem sie ansiedlungsbereiten Unternehmen geeignete Flächen zur Verfügung stellte. Insgesamt hat die Stadt Frankfurt ihren Flächenteil zwar scheinbar konstant gehalten: von 99.310 qm im Jahre 1947 wuchs er um fast 5 % auf 104.270 qm im Jahre 1972.
Die geringe Gesamtveränderung verdeckt die erheblichen Umschichtungen – Vorläufer konstatiert: „Die kleinräumliche Analyse hat jedoch aufzeigen können, dass die Stadtlage günstigst gelegene Areale häufig an Gesellschaftsunternehmungen abgetreten hat, während dafür in den für ökonomische Standortinteressen zunächst weniger relevanten Nebenstraßen des Viertels in etwa entsprechend große Flächen erworben werden konnten. In dieser räumlichen Umschichtung des städtischen Grundeigentums dürften sich die spezifischen kommunalen Stadtentwicklungsvorstellungen widerspiegeln.
Noch Ende der 50er und bis weit in die 60er Jahre hinein förderte die Stadt durchaus die Ansiedlung gewerbesteuerkräftiger Unternehmen im Westend. Den an einem Standort in diesem Viertel interessierten Unternehmen wurden daher häufig lagegünstige städtische Grundstücke überlassen.“ (34) Im Strukturraum A – den Bestlagen – verkaufte die Stadt Frankfurt bis 1972 rund 13.400 qm oder 15,5 % ihres Bestands. Im Strukturraum B – den weniger attraktiven Lagen – wuchs der städtische Flächenanteil jedoch. 1972 lag er bei über 15.000 qm, damit 25 % über dem Stand von 1947. Doch auch hier schrumpfte der städtische Flächenbestand – den höchsten Besitzstand hatte die Stadt Frankfurt im Jahre 1962 erreicht (35).
2.6. Wer baut? Aktive Gruppen
Die Frankfurter Stadtverwaltung wünschte die Umstrukturierung des Wohnviertels Westend zum Gewerbestandort. Doch wer erfüllte ihren Wunsch?
In Öffentlichkeit und Presse wurde auf „Spekulanten“ geschimpft. Richtig ist: der größte Anteil der bis 1972 neu erstellten Bruttogeschoßfläche wurde von Einzelkaufleuten, die dominant auf dem Immobiliensektor tätig waren, erstellt: nämlich 174.860 qm von 1.163.890 qm Bruttogeschoßfläche: das sind 15 %.
Bei der gewerblich genutzten Bruttogeschoßfläche liegt ihr Anteil höher: 161.680 qm – oder 21 % von insgesamt 762.310 qm (36), das zudem auf verhältnismäßig kleiner Grundfläche. Wenn eine Eigentümergruppe mit so geringem Anteil in der Rangfolge schon auf Platz 1 vorrückt, heißt das, dass viele verschiedene Gruppen engagiert waren. Auf Rang 2 folgen sowohl bei der erstellten Bruttogeschoßfläche insgesamt wie auch der Bruttogeschoßfläche mit gewerblicher Nutzung die Versicherungen.
Beide Eigentümergruppen haben (zusammen) jedoch nur 25 % der neu erbauten Bruttogeschoßfläche erstellt bzw. 35 % der mit gewerblicher Nutzung. Das heißt, der überwiegende Teil der Bauaktivitäten ging von einer Vielzahl von Firmen oder Personen aus, die disparaten Wirtschaftszweigen angehörten, incl. Ärzten, mittleren und höheren Beamten oder Pensionären. Vorlaufer hat für seine Studie „Bodeneigentumsverhältnisse und Bodeneigentümergruppen im Cityerweiterungsgebiet Frankfurt/M.-Westend“ vierzig Eigentümergruppen „auf der Grundlage der unterschiedlichen ökonomischen Funktionen und sozialen Stellung der Grundeigentümer … gebildet“ (37) und Rangfolgen der wichtigsten Akteuer erstellt. Mit ihren 15 % bzw. 10 % Anteil an der erstellten Bruttogeschoßfläche sind die Immobilienkaufleute und die Versicherungen die beiden führenden Gruppen. Banken folgen erst auf Rang acht.
Tabelle 5: Bauherren (38)
Bodeneigentümergruppe |
bebaute Grundstücksfläche (1949 bis 1972) |
erstellte Bruttogeschoßfläche (BGF) |
erstellte BGF mit gewerbl. Nutzung (1972) |
|||
in qm |
in % |
in qm |
in % |
in qm |
in % |
|
Westend-Süd insgesamt |
614.470 |
1.163.890 |
762.310 |
|||
Immobililenkaufleute |
49.420 |
8,0 |
174.860 |
15,0 |
161.860 |
21,2 |
Versicherungen |
62.260 |
10,1 |
123.500 |
10,6 |
110.410 |
14,5 |
Einrichtungen der |
64.480 |
10,5 |
87.550 |
7,5 |
78.230 |
10,3 |
sonstige Kaufleute |
78.970 |
12,9 |
158.710 |
13,6 |
63.280 |
8,3 |
Banken |
18.900 |
3,1 |
48.260 |
4,1 |
40.150 |
5,3 |
50,8 |
59,6 |
Bei der Gruppe der Immobilienkaufleute fällt auf, dass die hohe Bruttogeschoßfläche auf nur 8 % der bebauten Grundstücksfläche erstellt wurde. Hohe Geschoßfläche auf kleiner Grundfläche heißt, dass hier Hochhäuser errichtet wurden. Aus den Eckdaten errechnet sich eine durchschnittliche Geschoßflächenzahl (GFZ) von 3,5 – in einem Gebiet, für das der Bebauungsplan eine GFZ von 1,1 ausgewiesen hat! Einerseits überrascht das nicht; schließlich hatte der Magistrat angekündigt, dass er in dem Gebiet Hochhäuser wünscht und sie per Befreiung vom Bebauungsplan genehmigen will. Doch in den Leitlinien von 1965 plante die Stadt noch mit einer GFZ von 2,5, wenn zugleich Freiflächen geschaffen werden.
Die Entwicklung verlief jedoch anders: der Bedarf an Büroraum schien unersättlich. Zugleich waren die Renditeerwartungen umso größer, je höher das Haus gebaut wurde. Zugleich entstand für die Bauherren ein Zwang, hoch bauen zu müssen. Denn ihre Renditeerwartungen flossen auch in die Grundstückspreise ein: die explodierten. Damit sich Kauf und anschließender Neubau rechneten, mußte der also noch ein paar Etagen höher werden. Der Magistrat resümiert im Oktober 1975: „Während in den Jahren 1961 die durchschnittliche Erwartung der Ausnutzung bei etwa GFZ = 2,0 lag, … schnellte die Bauerwartungg 1967 auf GFZ = 3 – 4,0, erreichte 1968 in zwei Fällen GFZ = 8, hielt sich 1969 um GFZ = 3; 1970 stieg sie wiederum in zwei Fällen auf GFZ = 8, ebenso 1971, … erst 1972 nahm die Bauerwartung erheblich ab“ (39).
Der Wechsel bezüglich der Erwartung, wie hoch das Haus gebaut werden solle, verlief recht parallel zum Wechsel des Hauptakteurs unter den Bauherren: Denn die Gruppe der Immobilienkaufleute begann erst Mitte der 60er Jahre mit ersten Bodenkäufen. Erst 1968 stiegen die Käufe dieser Eigentümergruppe sprunghaft an: die Bodenkaufpreissumme verzehnfachte sich gegenüber dem Vorjahr und blieb in den beiden Folgejahren bis 1970 auf dem hohen Niveau.
Die städtischen Planungen über Verdichtungszonen begannen jedoch schon 1962 / 63 (40) – wer began als erster, die Planungen umzusetzen? Wer kaufte günstig, bevor die Grundstückspreise explodierten? Und konnte sich die Bestlagen sichern?
Versicherungen besaßen 1947 mit 35.570 qm rund 2,7 % der Westend-Fläche. Bis 1972 besaßen sie das Dreieinhalbfache: 128.010 qm oder 9,8 % (41). Bei den Bestlagen im Strukturraum A fällt der Zuwachs noch deutlicher aus: von 24.600 qm oder 3,4 % auf 107.550 qm oder 15 % (42) – das 4,4-fache. Zu der Zeit verkauften Versicherungen aber schon wieder ihre Flächen, realisierten die stark gestiegenen Bodenwertgewinne. Ihren höchsten Besitzstand hatten Versicherungen 1968 (43) erreicht. Schon in der Wiederaufbauphase setzte die Bautätigkeit von Versicherungen ein: 1952 eröffnete die Alte Leipziger ihr Büro in der Bockenheimer Landstraße (44), 1959 folgte die Albingia (45) und 1960 eröffnete die Zürich-Versicherung ihr zur Hälfte an amerikanische Unternehmen vermietetes Büro-Ensemble (46). Drei Beispiele für einen Trend, der auch in der Statistik ablesbar ist: 70 % der im Zeitraum 1949 – 972 erstellten Bruttogeschoßfläche erstellten die Versicherungen in der 2. Phase 1959 – 1967, übrigens zu 95 % gewerblich genutzte Fläche (47). Für die Bodenkäufe wandten die Versicherungen 32 Mio. DM auf, fast 17 % der 188 Mio. DM (48), die in der Zeit insgesamt für Grundstückskäufe im Westend ausgegeben wurden.
Die Käufe wurden komplett aus den eingenommenen Prämien bzw. eigenen Kapitalreserven bezahlt – die Versicherungen brauchten keine Hypotheken aufzunehmen (49). Banken säumen heute die Hauptstraßen Taunusanlage / Mainzer Landstraße bzw. Bockenheimer Landstraße – doch in der Umstrukturierungsphase traten Banken nachrangig in Erscheinung: ihr Flächenanteil im Westend stieg von 27.100 qm im Jahre 1947 auf 29.180 qm im Jahre 1972: eine geringfügige Steigerung von 2,07 % auf 2,23 %. Ihren höchsten Grundbesitzstand erreichten die Banken 1961. Im Strukturraum A – den Bestlagen – schrumpfte ihr Grundbesitz um fast ein Drittel: von 20.580 qm im Jahre 1947 auf 14.080 qm im Jahre 1972 (50). Der Befund irritiert auf den ersten Blick – ist aber ein wichtiges Mosaiksteinchen für das Bild der Westendumstrukturierung.
Banken bauten zunächst auf Grundstücken in der Innenstadt. Erst als ihnen die Neubauten der 50er und 60er Jahre zu klein wurden, suchten sie neue Standorte – auch im Westend. Die städtischen Vorgaben für Ausnahmegenehmigungen waren klar, insbesondere die Mindestgrundstücksgröße von 2.000 qm. Das Kunststück bestand im Arrondieren: nicht nur ein Haus kaufen, sondern auch die direkt benachbarten. Manches kleine Grundstück entwickelte sich zum „Schikanierzwickel“ (51): Wenn Alteigentümer ahnten, dass ihr Grundstück das letzte fehlende für den Hochhausneubau war, schoss der Preis exorbitant in die Höhe – und mußte gezahlt werden: auch die anderen Grundstückskäufe rentierten nur, wenn anschließend abgerissen und ein Hochhaus (mit deutlich größerer Geschoßfläche) erstellt wurde.
Das Geschäft war riskant: nicht jeder Alteigentümer war verkaufsbereit, manche wollten lieber ihre angestammte Villa behalten. Der zeitliche Horizont war offen: wann hatte man die Fläche beisammen? Danach mußten die Häuser entmietet werden: auch das ein zermürbendes und zeitraubendes Geschäft. Danach erst konnten Abriß- und Baugenehmigung beantragt werden. Bei den Baugenehmigungen handelte es sich stets um Ausnahmegenehmigungen („Befreiungen“) (52) – die Verwaltung hatte zwar allgemein angekündigt, dass sie für Hochhäuser Ausnahmen bewilligen wolle. Aber würde sie das im konkreten Einzelfall einlösen? Auch hier verblieb ein Restrisiko, weitere Auflagen waren nicht auszuschließen.
Nachdem die Trümmergrundstücke verkauft oder wiederaufgebaut waren, war das Vorantreiben eines Hochhausprojekts ein riskantes Geschäft. Die notwendige Phase des Entmietens der Häuser, die abgerissen werden sollten, war schlechte Publicity, hätte den guten Ruf der Bank beschädigt. Schlimmer noch: eine Bank hätte sich die Kundschaft verprellen können – das Mengengeschäft begann gerade, die damals gewerkschaftseigene BfG führte als erste Bank Arbeitnehmerkonten ein. Aus all‘ den Faktoren resultierte eine größere Zurückhaltung der Banken bei direkten Investitionen im Immobiliengeschäft – doch profitierten sie indirekt reichlich: denn andere Bauherren als die Versicherungen konnten Grundstückskäufe und Neubau nicht aus eigenen Mitteln bezahlen, sondern waren auf Kredite angewiesen.
Während sich die Bodenpreise in den Jahren 1961 bis 1966 moderat entwickelt hatten, setzte ab 1967 bis 1972 ein rasanter Preisanstieg ein (53). Dementsprechend explodierte der Kapitalbedarf für Hochhausprojekte; die erst in der dritten Umstrukturierungsphase relevant in Erscheinung tretende Gruppe der Immobilienkaufleute mußte sich über Hypotheken finanzieren. Die Preisexplosion wird auch an der rasant steigenden Summe der (von den Bodeneigentümergruppen des Westends) jährlich aufgenommenen Hypotheken deutlich. In den Jahren 1963 bis 1965 waren es pro Jahr durchschnittlich 23 Mio. DM an Hypotheken. In den folgenden drei Jahren wuchsen die Hypothekensummen deutlich: von 36 Mio. DM in 1966 auf 56 Mio. DM in 1968 – mehr als eine Verdoppelung binnen drei Jahren! Eine noch deutlich markantere Steigerung setzt jedoch ab 1969 ein: die Hypothekensumme wächst auf 134 Mio. (1969), dann 162 Mio. DM (1970), gefolgt von 164 Mio. (1971) und 131 Mio. DM im Jahre 1972 (54).
Tabelle 6: Jährlich aufgenommene Hypotheken (55)
(ausgewählte Eigentümergruppen)
Jahr |
insgesamt |
Immobilienkaufleute |
Versicherungen |
Grundstückswesen-, Vermögensverwaltungs-, Treuhandges. (ohne Wohnungsunternehmen) |
|||
1.000 DM |
1.000 DM |
in % |
1.000 DM |
in % |
1.000 DM |
in % |
|
1960 |
14.178 |
3.000 |
21,16 |
0 |
0,00 |
86 |
0,61 |
1961 |
14.385 |
1.000 |
6,95 |
0 |
0,00 |
0 |
0,00 |
1962 |
12.444 |
3.430 |
27,56 |
0 |
0,00 |
0 |
0,00 |
1963 |
24.335 |
7.696 |
31,63 |
0 |
0,00 |
4.830 |
19,85 |
1964 |
20.658 |
5.773 |
27,95 |
0 |
0,00 |
0 |
0,00 |
1965 |
24.877 |
8.719 |
35,05 |
0 |
0,00 |
2.647 |
10,64 |
1966 |
35.821 |
17.490 |
48,83 |
0 |
0,00 |
1.982 |
5,53 |
1967 |
45.790 |
20.341 |
44,42 |
0 |
0,00 |
1.012 |
2,21 |
1968 |
56.393 |
30.378 |
53,87 |
0 |
0,00 |
3.064 |
5,43 |
1969 |
133.705 |
72.589 |
54,29 |
700 |
0,52 |
10.065 |
7,53 |
1970 |
162.112 |
109.419 |
67,50 |
720 |
0,44 |
2.240 |
1,38 |
1971 |
164.741 |
123.988 |
75,26 |
1.000 |
0,61 |
0 |
0,00 |
1972 |
131.141 |
123.641 |
94,28 |
0 |
0,00 |
0 |
0,00 |
Summe |
840.580 |
527.464 |
2.420 |
25.926 |
Trotz „stürmisch verlaufender Nachfrageentwicklung für Büroraum“ (56) waren die Einnahmen aus den Hypothekenzinsen ein deutlich sichereres Geschäft als die Immobilienprojektentwicklung selbst – zumal der Zinssatz auf heute schwer vorstellbare 15 % stieg. [„Zum einen hatte ich alles mit Bankengeld beliehen und zum anderen waren die Zinsen hochgerannt auf 15,16 Prozent, kalkuliert war das Projekt aber nur mit 7,5 Prozent.“ (57)]. Sollte ein Immobilienentwickler nicht den nötigen langen Atem mitbringen, gehörten die Grundstücke als Sicherheit der Bank, und soweit Immobilienkaufleute als Einzelpersonen oder Personengesellschaft investierten, hafteten sie mit ihrem gesamten Privatvermögen, also auch ihren anderen, ggf. besser laufenden Spekulationsprojekten. Stets blieb offen, ob das Hochhausprojekt rechtzeitig fertig wurde und mit reichlich Gewinn vermietet oder verkauft werden konnte – oder entweder Altbauten oder eine „Spekulationsruine“ mit hohem Verlust zwangsversteigert wurden. Bauherr Bubis über seine Zinslast: „Dann brauchte ich für dieses Grundstück {Schumannstraße / Bockenheimer Landstraße / Anm. PM} und für das andere in Bergen-Enkheim vier Millionen Mark Zinsen im Jahr und vier Millionen Mark Zinsen im Jahr habe ich nie verdient. Dann habe ich nach und nach meinen Grundbesitz, den ich in Berlin … und in Hamburg und in Bonn erworben hatte, verkauft. Alles, was ich im Laufe der Jahre an Grundbesitz erworben hatte, habe ich verkaufen müssen, um die Zinsen für die zwei unbebauten Grundstücke im Rhein-Main-Gebiet zu bezahlen. Das blieb ungefähr drei Jahre so.“ (58).
Tatsächlich ging manche Spekulation schief – und eine Bank konnte das Areal günstig übernehmen, so z.B. die Doppeltürme der Deutschen Bank in der Taunusanlage: „Die Investoren Josef Buchmann, Bolke Israelewicz, Isidor Herskovits und Simon Preisler lobten 1971 eine Wettbewerb aus… Aufgrund der Rezession in den 1970er-Jahren gaben die Investoren das Projekt auf und es wurde von der Münchner Schörghuber-Gruppe übernommen, die ABB Architekten beauftragte, ein doppeltürmiges Bürohochhaus zu entwickeln. (…) Erst im Winter 1978/79, nachdem bereits das Fundament gegossen war, erwarb die Deutsche Bank das Projekt und setzte … den Bau fort, um ihn als eigene Zentrale zu nutzen.“ (59) Ursprünglich waren die Doppeltürme als Hotel geplant worden. Für ein Büro wären die Flure eigentlich zu schmal – doch nach der als „Ölkrise“ benannten Rezession zog sich die Hotelkette zurück. Das gerade in der Anfangsphase hohe Projektrisiko traf das Investorenquartett.
Vorlaufer resümiert, dass „die in der Öffentlichkeit überwiegend als ‚Spekulanten‘ und als alleinige Interessenten der radikalen Umstrukturierung des Viertels herausgestellten ‚Immobilienkaufleute‘ keineswegs autonom agierten und agieren konnten, sondern erst eine enge Allianz zwischen den Kreditinstituten und dieser Gruppe die Voraussetzung für den im Sinne einer optimalen Kapital- und Bodenverwertung erfolgreichen Strukturwandel des Westends darstellte“ (60).
3. Resümee
Wichtig für die Umstrukturierung des Wohnviertels Westend zur bevorzugten Geschäftsadresse war das Zusammenspiel mehrerer beteiligter Interessensgruppen. Am Anfang stand die Vision des Planungsdezernenten von einer modernen Stadt. Die Häuser konnte er nicht selbst bauen, sondern seine Ideen zunächst nur abstrakt formulieren. Doch mit der U-Bahn konnte der Planungsdezernent eine Verkehrsinfrastruktur schaffen, die die Attraktivität des Areals als Hochhausstandort steigerte – und mit der Verwaltung stand ihm die administrative Infrastruktur zur Verfügung, um die Umsetzung zu beeinflussen oder gar zu steuern. Der erste Investorenkreis, der das Potential erkannte und Büroraum für eigenen und fremden Bedarf schuf, waren Versicherungen. Sie finanzierten den Wandel mit eigenem Geld – solange die Grundstücke bezahlbar waren. Nach der Bodenpreisexplosion ab 1968 nutzen sie die Gunst der Stunde, um über Grundstücksverkauf Gewinne zu realisieren.
Der Bedarf an Büroraum schien unersättlich – doch die Projektentwicklung war (wie oben skizziert) hochriskant. Manche ortskundige Banken schätzen die Büronachfrage aber als so hoch ein, dass das Kreditrisiko ihnen tragbar schien. Erst die Kombination aus stadtplanerischem Willen und der Finanzierungsbereitschaft mancher Banken ermöglichte es dann risikofreudigen Einzelpersonen bzw. Personengesellschaften – den Immobilienkaufleuten – ihr Glück in der Bauspekulation zu versuchen: sie lieferten konkrete Umsetzungsideen für das städtisch gewollte Modernisierungsprojekt. Welche davon mit Gewinn gelangen, welche scheiterten: das blieb ihr Risiko. Reichliche Zinseinnahmen waren den finanzierenden Banken jedoch sicher.
Das Bild des „Konjunkturritters“, mit dem Ignatz Bubis seine Tätigkeit beschrieb, scheint treffend: ein Spieler, der die von starken Institutionen (Kapital und Verwaltung) gesetzten Randbedingungen erkennt und innerhalb der bestehenden Vorgaben agiert. In der konkreten Umsetzung konnten die Immobilienkaufleute mitgestalten: Welche Grundstücke konnten sie zusammenkaufen, wie gestalteten sie die Fassaden, welchen Mieter fanden sie? Bezüglich des grundsätzlichen Rahmens waren sie jedoch in doppelter Weise abhängig: zum einen davon, dass eine Stadtverwaltung die versprochenen Befreiungen vom Bebauungsplan auch in ihrem konkreten Einzelfall zugestand, zum anderen davon, dass Banken ihr Projekt für realisierbar, das Risiko für überschaubar hielten – und durch ihre Finanzierung die forcierte Umstrukturierung erst ermöglichten.
Spannend, wie das Bild in der öffentlichen Wahrnehmung reduziert wurde und wird: während der zweiten Phase regte sich kein Protest. Hauptakteur waren Versicherungen – deren Handeln nicht kritisiert oder als „unsozial“ beschimpft wurde.
Das Zusammenwirken von Stadt und Banken und Immobilienkaufleuten in der dritten Phase war ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Akteure. Deren Interessen waren nicht deckungsgleich, überlappten sich aber so weit, dass der Prozeß der Umstrukturierung das Tempo rasant steigerte. Die negativen externen Effekte wurden jetzt unübersehbar: die wieder zurückgekehrte bzw. angewachsene Wohnbevölkerung litt gleichzeitig unter Preisexplosion und Verslumung. Doch ein System – hier: die Kapitalverwertung auf dem Immobilienmarkt – für das eigene Leiden verantwortlich machen? Als System bleibt es abstrakt und schwer verständlich: Treiber und langfristige Interessen zu identifizieren kostet Zeit und rationale Analyse. Emotionale Entlastung in der als ungerecht empfundenen Situation bringt das nicht, insbesondere keine Orientierung zum Weiterleben in unverstandener Welt.
„Die für die meisten Menschen undurchsichtige gegenwärtige politische und wirtschaftliche Situation bietet eine ideale Gelegenheit zur Regression auf die Stufe der infantilen Stereotypie und Personalisierung. (…) Personalisierung …: die Tendenz, objekitve gesellschaftliche und ökonomische Prozesse, politische Programme, innere und äußere Spannungen mittels Personen zu bezeichnen, die mit dem jeweiligen Fall identifiziert werden, anstatt sich selbst der Anstrengung der unpersönlichen geistigen Arbeit zu unterziehen, die die Abstraktheit der gesellschaftlichen Prozesse erfordert“ (61), resümierte der Mitgründer der „Frankfurter Schule“ Theodor W. Adorno in seiner Studie über vorurteilsgeladenes Verhalten und Ressentiment. Seine Diagnose bringt die verkürzte Wahrnehmung der Westend-Umstrukturierung auf den Punkt. Oben wurde die FAZ zitiert: „Ein offenes Geheimnis ist, daß die Mehrzahl der Westend-Investoren Juden sind“ und über deren „Methoden“ geschimpft: „schwarze Schafe“ (62). Der muslimische Perser Ali Selmi wird in der ressentimentgeladenen Debatte zum Juden deklariert – und es wird gegen konkrete Personen gewettert. Erneut ist zu fragen, was eine Religionszugehörigkeit mit einem Job zu tun haben solle? (Außer bei Pfarrern, Päpsten oder sonstwie „in der Verkündigung“ Tätigen.)
Ganz platt wird das Ressentiment nicht immer geäußert: „Die Westend-Investoren bilden zahlenmäßig nur einen winzigen Bruchteil der Frankfurter jüdischen Gemeinde, und keiner von ihnen hat eine Beziehung zur sozialen Stellung und Tradition der Frankfurter Juden vor 1933“ (63). Scheinbar differenziert die AGW – Aktionsgemeinschaft Westend klar. Doch auch sie erläutert nicht, welchen Zusammenhang die Variablen „Religionszugehörigkeit“ und „Geschäftstätigkeit“ haben könnten. Von den Versicherungen schreibt die AGW nicht. Das „Ärgernis“ habe erst begonnen, als „die Bauherren, die hier das Geld der Banken investierten, anscheinend jedes Zugeständnis erhielten“ (l.c.). Waren die mit Eigenkapital oder Prämieneinnahmen finanzierten Versicherungs-Hochhäuser kein „Ärgernis“?
Wichtiger ist die Unterscheidung in „gute“ und „schlechte Juden“ – auch die hatte Adorno untersucht: „Es zeigt das ‚pseudorationale‘ Element im antisemitischen Vorurteil noch klarer als die Rede vom ‚jüdischen Problem‘: wir meinen die gängige Einteilung der Juden in zwei Gruppen, die Guten und die Schlechten. Sie kommt zumeist in der Gegenüberstellung von ‚weißen‘ Juden und ‚Kikes‘ zum Ausdruck.“ (64). Adorno greift hier eine in den USA geläufige Differenz auf – jenseits dieser lokalen Besonderheit erläutert sein Abschnitt „zwei Arten von Juden“ (65) genau die Funktion der Differenzierung in „schwarze Schafe“ und den mildtätig engagierten „Juden vor 1933“.
Die erst spät aufgeflammte Debatte um die – von der Stadtverwaltung gewollte und initiierte – Umstrukturierung des Frankfurter Westends griff auf antisemitische Stereotypen zurück, kritisierte einzelne Personen aufgrund sachfremder Eigenschaft (Religionszugehörigkeit) anstatt das marktwirtschaftliche System mit seinen „Risiken und Nebenwirkungen“ anzugreifen.
Genau das bringt Fassbinder in „Der Müll, die Stadt und der Tod“ auf die Bühne: den meisten Stadtbewohnern geht es (wirtschaftlich) schlecht; sie leiden unter dem System. Aber statt dessen Funktionsweise erst zu untersuchen, dann zu ändern, wählt der erfolglose Konkurrent („Hans von Gluck“ – nomen est omen) den kürzeren Weg: er greift den erfolgreicheren Konkurrenten wegen seiner Religionszugehörigkeit an. Fassbinders Drama beschreibt die Situation im Frankfurter Westend treffend, und der Autor positioniert sich eindeutig, indem er die ressentimentgeladene Figur als abstoßenden antisemitischen Hypochonder zeichnet. Die Figur des „Reichen Juden“ hingegen ist als mitfühlende und liebesfähige, insgesamt sympathische Figur gezeichnet. Zugleich wird sie von anderen Personen aus dem Stück als Projektionsfläche für ihre Ressentiments benutzt. Über ihre Namenslosigkeit betont Fassbinder die Doppelrolle des „Reichen Juden“ als zugleich sympathische Person und Projektionsfläche im anonymen System..
Anmerkungen:
- FAZ, 2. Nov. 1985
- Hans von Gluck in „Der Müll, die Stadt und der Tod“, 10. Szene, p. 88
- vergleiche hierzu: Peter Menne: Ist „Der Müll, die Stadt und der Tod“ antisemitisch? Vortrag vor der KunstGesellschaft, Frankfurt, Club Voltaire, 15. April 2014
oder Peter Menne: Die Dramatisierung eines Romans. Eine vergleichende Untersuchung zu Gerhard Zwerenz: „Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond“ und Rainer Werner Fassbinder: „Der Müll, die Stadt und der Tod“. Magisterarbeit im Fach „Neuere deutsche Literatur“ der Philipps-Universität Marburg, Januar 1997 - Wilfried Ehrlich: „Wer soll da noch Häuser bauen? Jüdische Bauherren fühlen sich als Opfer einer antisemitischen Kampagne“, in: FAZ, 28. Oktober 1971 (5) o.A.: „Das Westend ist kein Sanierungsgebiet“. Die Aktionsgemeinschaft zur Aktivität der Bauherren, in: FAZ, 1. Dez. 1971
- Peter Brügge: „Aufgeben können wir nicht mehr“.
- Peter Brügge über Hausbesetzer im Frankfurter Westend. In: Der Spiegel, Nr. 47 vom 16. Nov. 1970, p. 49
- taz-Interview mit Bubis vom 21. Sept. 1992
- Ulrich Greiner: Der reiche Jude von Frankfurt, in: Die Zeit, Nr. 45, 1.11.85
- Moishe Postone: Thesen zu Fassbinder, Ziffer 9
- Moishe Postone: Thesen zu Fassbinder, Ziffer 15
- Moishe Postone: Thesen zu Fassbinder, Ziffer 14
- Ulrich Greiner: Der Jude von Frankfurt, in: Die Zeit, Nr. 45, 1. Nov. 1985
- Karl Becker: Die Frankfurter Westendmisere. Mängel des Bodenrechts oder Fehlplanung der Stadtverwaltung? in: GK = Gesellschaftspolitische Kommentare, Nr. 14 vom 15. Juli 1974, p. 165 – 167
- Karte auf „Frankfurt baut auf“
- BBankG, § 2, Fassung vom 26. Juli 1957
- Kade / Vorlaufer, 1974, p. 25 und Wikipedia
- eigene Berechnngen basierend auf Kade / Vorlaufer, 1974, p. 44, Tab. 2
- Kade / Vorlaufer, 1974, p. 39
- Kade / Vorlaufer, 1974, p. 40
- Kade / Vorlaufer, 1974, p. 40
- Kade / Vorlaufer, 1974, p. 49, Tab. 3
- Appel, Heißer Boden, p. 24
- so z.B. Claus-Jürgen Göpfert: Umdenken ist notwendig, Kommentar in FR vom 21. Jan. 2015, p. R 11
- Wilfried Ehrlich: Ist das Westend noch zu retten?, in FAZ, 25. April 1970
- Vorlaufer / Kade, 1974, p. 22
- Appel, Heißer Boden, p. 30
- Appel, Heißer Boden, p. 29
- Appel, Heißer Boden, p. 30
- Appel, Heißer Boden, p. 29
- Magistrat der Stadt Frankfurt, Dokumentation zur Bodenspekulation, p. 24
- „Frankfurt baut auf“
- eigene Berechnungen basierend auf Kade / Vorlaufer, 1974, p. 49, Tab. 3
- Kade / Vorlaufer, 1974, p. 33, Tab.1
- Vorlaufer, 1975, p. 137
- Vorlaufer, 1975, p. 22 + 28 + 55 + 56 + 143 + 144
- Vorlaufer, 1975, p. 145, Tab.12
- Vorlaufer, 1975, p. 18
- Vorlaufer, 1975, p. 145, Tab. 12
- Magistrat der Stadt Frankfurt, Dokumentation zur Bodenspekulation, p. 24
- Magistrat der Stadt Frankfurt, Dokumentation zur Bodenspekulation, p. 12
- Vorlaufer, 1975, p. 22, Tab. 1 + 2
- Vorlaufer, 1975, p. 55, Tab. 6 + 7
- Vorlaufer, 1975, p. 28, Tab. 3
- „Frankfurt baut auf“
- „Frankfurt baut auf“
- „Frankfurt baut auf“
- Vorlaufer, 1975, p. 153, Tab. 21
- Vorlaufer, 1975, p. 157, Tab. 27
- Vorlaufer, 1975, p. 158, Tab. 28
- Vorlaufer, 1975, p. 22 / Tab. 1 & 2 + p. 55 / Tab. 6 & 7 + p. 56 / Tab. 8 & 9 + p. 144 / Tab. 11
- Appel, Heißer Boden, p. 38
- Appel, Heißer Boden, p. 15
- Magistrat der Stadt Frankfurt, Dokumentation zur Bodenspekulation, p. 22 – 35
- Vorlaufer, 1975, p. 158, Tab. 28
- Vorlaufer, 1975, p. 158 f., Tab. 28 + 29
- Magistrat der Stadt Frankfurt, Dokumentation zur Bodenspekulation, p. 36
- Ignatz Bubis im Gespräch mit Edith Kohn: „Ich war zu allem entschlossen“. Der Häuserkampf in Frankfurt, der Fassbinder-Konflikt und die jüdische Identität, in: FR vom 23. April 1993
- l.c.
- Himmelstürmend. Hochhausstadt Frankfurt, p. 122 f.
- Vorlaufer, 1975, p. 133 f.
- Theodor W. Adorno, Studien zum autoritären Charakter, p. 189 f.
- Wilfried Ehrlich, Wer soll da noch Häuser bauen?, in FAZ, 23. Okt. 1971 (63) o.A., „Das Westend ist kein Sanierungsgebiet“. Die Aktionsgemeinschaft zur Aktivität der Bauherren, in FAZ, 1. Dez. 1971
- Theodor W. Adorno, Studien zum autoritären Charakter, p. 130
- l.c., p. 129 – 139
Literatur: Bücher und Fachzeitschriften
- Rainer Werner Fassbinder: Die bitteren Tränen der Petra von Kant. Der Müll, die Stadt und der Tod. 2 Stücke / Frankfurt: Verlag der Autoren, 1984
- Theodor W. Adorno: Studien zum autoritären Charakter, Frankfurt: Suhrkamp, 1980, 3. Aufl.; Erstausgabe: Studies in Prejudice / New York 1949-50; deutsche Übersetzung von Milli Weinbrenner, 1973
- Rudolf Heinrich Appel: Heißer Boden. Stadtentwicklung und Wohnprobleme in Frankfurt am Main. Publikation des Presse- und Informationsamtes der Stadt Frankfurt, 1974
- Karl Becker: Die Frankfurter Westend-Misere. Mängel des Bodenrechts oder Fehlplanung in der Stadtverwaltung? In: Gesellschaftspolitische Kommentare, Nr. 14 vom 15. Juli 1974, p. 165 – 167
- Karl Becker: Planungswertausgleich realisierbar? Was lehrt der Fall des Frankfurter Westends? in: Gesellschaftspolitische Kommentare, Nr. 17 vom 1. Sept. 1974, p. 201 – 203
- Gunnar Kade / Karl Vorlaufer: Grundstücksmobilität und Bauaktivität im Prozeß des Strukturwandels citynaher Wohngebiete. Beispiel: Frankfurt / M.-Westend. Materialien zur Bodenordnung I in: Frankfurter Wirtschafts- und Sozialgeographische Schriften, Heft 16, Frankfurt: Selbstverlag des Seminars für Wirtschaftsgeographie der Johann Wolfgang Goethe – Universität, 1974
- Magistrat der Stadt Frankfurt (Hrsg.): Dokumentation zur Bodenspekulation und zur Zweckentfremdung von Wohnraum in Frankfurt am Main. Stadt Frankfurt, Okt. 1975
- Peter Menne: Die Dramatisierung eines Romans. Eine vergleichende Untersuchung zu Gerhard Zwerenz: „Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond“ und Rainer Werner Fassbinder: „Der Müll, die Stadt und der Tod“. Magisterarbeit im Fach „Neuere deutsche Literatur“ der Philipps-Universität Marburg, Januar 1997 o.A.
- Himmelstürmend. Hochhausstadt Frankfurt. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum, Frankfurt, 8. Nov. 2014 – 19. April 2015
- München / London / New York: Prestel Verlag, 2014
- Moishe Postone: Thesen zu Fassbinder. Antisemitismus und Deutschland: ein Frankfurter Herbst 1985. [übersetzt aus: Radical America. 19 (1985), 5; p. 2433]
- Karl Vorlaufer: Bodeneigentumsverhältnisse und Bodeneigentümergruppen im Cityerweiterungsgebiet Frankfurt / M. – Westend. Materialien zur Bodenordnung II in: Frankfurter Wirtschafts- und Sozialgeographische Schriften, Heft 18, Frankfurt: Selbstverlag des Seminars für Wirtschaftsgeographie der Johann Wolfgang Goethe – Universität, 1975
Webseiten
- Peter Menne: Ist „Der Müll, die Stadt und der Tod“ antisemitisch? Vortrag vor der KunstGesellschaft, Frankfurt, Club Voltaire, 15. April 2014
- „Frankfurt baut auf“
- Frankfurt Judengasse
- Jüdisches Frankfurt
Publikumszeitschriften und Zeitungen
- Ignatz Bubis im Gespräch mit Edith Kohn: „Ich war zu allem entschlossen“. Der Häuserkampf in Frankfurt, der Fassbinder-Konflikt und die jüdische Identität, in: FR vom 23. April 1993
- Peter Brügge: „Aufgeben können wir nicht mehr“. Peter Brügge über Hausbesetzer im Frankfurter Westend in: Der Spiegel, Nr. 47 vom 16. Nov. 1970, p. 49 – 52
- Wilfried Ehrlich: Ist das Westend noch zu retten?, in FAZ, 25. April 1970
- Wilfried Ehrlich: „Wer soll da noch Häuser bauen? Jüdische Bauherren
- fühlen sich als Opfer einer antisemitischen Kampagne
- In: FAZ, 28. Oktober 1971
- Claus-Jürgen Göpfert: Umdenken ist notwendig, Kommentar in FR vom 21. Jan. 2015, p. R 11
- Ulrich Greiner: Der reiche Jude von Frankfurt, in: Die Zeit, Nr. 45, 1. Nov. 1985
- Häuserrat 3: Frankfurter Schundschau, Nr. 2, 14. Feb. 1976 (von der Deutschen Bibilothek 8 / 1976 archivierte Flugschrift, Signatur Dta 46 / 88)
- „Das Westend ist kein Sanierungsgebiet“. Die Aktionsgemeinschaft zur Aktivität der Bauherren, in FAZ, 1. Dez. 1971
- Burkhard Saul, Interview mit Ignatz Bubis, in: taz vom 21. Sept. 1992
Zum Autor:
Peter Menne ist freiberuflich tätig, engagiert sich in bürgerschaftlichen Initiativen. Er ist Mitglied von Business Crime Control e.V. und dort seit Kurzem Beisitzer des Vorstands.
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