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Die halbe EU ist eine Steueroase. Ein Gespräch zu den Panama-Papers

Wir dokumentieren nachfolgend ein Gespräch mit dem Abgeordneten des Europaparlaments Fabio De Masi (Linkspartei). Nach Veröffentlichung zahlreicher Informationen zur Geschäftspraxis der in Panama ansässigen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca – ein unbekannter Whisleblower hatte ein gigantischen Datenkonvolut der Presse zugespielt und die von der Kanzlei systematisch betriebene Beihilfe zur Steuerhinterziehung belegt – hat das Europaparlament im Juni 2016 einen Untersuchungsausschuss eingesetzt.
Aufgabe der insgesamt 65 Mitglieder des Ausschusses soll es sein, „mutmaßliche Verstöße gegen das Unionsrecht und Missstände bei dessen Anwendung im Zusammenhang mit Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung prüfen“. De Masi arbeitet in diesem Ausschuss mit.
Das Gespräch mit ihm führte Gerd Bedszent.

Das Eintreiben von Steuern obliegt in der Europäischen Union ja immer noch den nationalen Institutionen. Wie kommt es, dass nun ausgerechnet das Europäische Parlament einen Untersuchungsausschuss zu den sogenannten Panama Papers eingerichtet hat?

Ja, nicht nur der Steuervollzug, sondern auch die Kompetenz für Steuergesetzgebung liegt bei den Mitgliedsstaaten. Beim Untersuchungsausschuss geht es darum, ob die Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission in verwandten Bereichen – etwa bei der Richtlinie gegen Geldwäsche oder beim Informationsaustausch in Steuersachen – EU-Recht nicht ordnungsgemäß umgesetzt oder angewandt haben. Dies kann das EU-Parlament überprüfen.

Die Staaten der Europäischen Union haben ja eine sehr unterschiedliche Steuergesetzgebung. Was in den einen Ländern strafbar ist, dürfte in anderen legal sein. Kann man Steuerhinterziehung nach europäischem Recht überhaupt definieren?

Nein, Steuerhinterziehung als Solche kann man zurzeit nur nach nationalem Recht definieren. Beim Untersuchungsausschuss geht es eben darum, ob die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten Gesetze nicht angewandt oder befolgt haben. Aber natürlich untersuchen wir auch das System der Steuerhinterziehung von Banken und Vermögenden, welches durch die Panama Papers in noch größeren Details öffentlich wurde. Auch gibt es viele Standards im Steuerbereich, die international festgelegt sind.

Gibt es derzeit Versuche, das Steuerrecht europaweit anzugleichen und die Existenz von Steueroasen wenigstens innerhalb der Europäischen Union zu unterbinden?

Hierzu gibt es bisher nur Lippenbekenntnisse. Die halbe EU ist schließlich eine Steueroase. Angefangen bei Luxemburg, das unter dem heutigen Kommissionspräsidenten Juncker zur ersten Adresse von Vermögen und Unternehmensgewinnen aus dem Ausland wurde, bis hin zu den Niederlanden, die unter Eurogruppenchef Dijsselbloem als Finanzminister ein offenes Scheunentor für Finanzströme aus der EU in Steueroasen sind, oder Irland, das erst kürzlich für seine Deals mit US-Multis in der Presse war, welche, wie zum Beispiel Apple, dort quasi gar keine Steuern auf irre Auslandsprofite zahlen.

Alle diese Staaten blockieren echte Fortschritte gegen Steuerdumping – wie übrigens auch Bundesfinanzminister Schäuble, der sich seit Jahren gegen Transparenz bei Konzernen wehrt, um die im Ausland erwirtschafteten Profite der deutschen Exportindustrie zu schützen. Auch im Bereich der Geldwäschebekämpfung hinken wir weit hinterher. Im Schattenfinanzindex des Netzwerks Steuergerechtigkeit, der die Intransparenz und Wichtigkeit von Finanzplätzen weltweit vergleicht, liegt Deutschland sogar vor Panama.

Die EU-Kommission stützt sich bei ihren Vorschlägen mangels Kompetenz für Steuerpolitik weitgehend auf das Wettbewerbsrecht im Binnenmarkt. Damit kann man zwar Deals angreifen, die große Konzerne gegenüber anderen Firmen bevorteilen. Wenn aber in echten Steueroasen alle gut weg kommen, ist der Ansatz völlig zahnlos. Zudem gibt es keine Strafen, sondern maximal Nachzahlungen zu niedrig angesetzter Steuern an das gleiche Land, das den Vorteil gewährt – statt dort wo die Gewinne abgezweigt werden. So bleibt Dumping für die Täter risikolos.

In den bisher veröffentlichen Daten aus den Panama Papers wurden Regierungsmitglieder verschiedener Staaten schwer belastet. In Island führte dies beispielsweise zum Rücktritt des Ministerpräsidenten. Gab oder gibt es Versuche, durch politische Einflussnahme die Einrichtung des Untersuchungsausschusses zu verhindern?

Bisher hat der Ausschuss seine Arbeit noch kaum gestartet. Direkte Anrufe „von oben“ wird es bei uns Abgeordneten sicher nicht geben. Dafür ist das Europaparlament aber auch viel zu schwach. Wir können ja nicht einmal Leute vor den Ausschuss zitieren – wie zum Beispiel den britischen Ex-Premier David Cameron, dessen Familie selbst in den Panama Papers erwähnt wurde und der vor wenigen Jahren zum Schutz der britischen offshore-Industrie jegliche Transparenz von sogenannten Trusts verhindert hat. Auch Zugriff auf relevante Daten und Dokumente können wir nicht – wie etwa der Bundestag – erzwingen, sondern sind auf freiwillige Kooperation angewiesen.

Die meisten bisherigen Veröffentlichungen zu den Panama Papers thematisierten die illegalen Praktiken korrupter Politiker und Privatleute. Die mutmaßlich eigentlichen Profiteure von Steueroasen dürften allerdings international agierende Großunternehmen sein. Wie können diese zur Verantwortung gezogen beziehungsweise zur Kasse gebeten werden?

Beide Fälle greifen ineinander. Bei den LuxLeaks ging es ja primär um die Großkonzerne und die Probleme sind weithin bekannt. Gegen Steuertricks müsste man zuerst einmal Konzerne verpflichten, ihre Umsätze, Gewinne und gezahlten Steuern für jedes Land getrennt auszuweisen. Buchhalterisch ein Kinderspiel, aber seit Jahren von Lobbyisten und ihren Partner in Regierungen und Parlamenten verhindert. Zudem brauchen wir Mindeststeuersätze in der EU – und perspektivisch darüber hinaus. Sonst geht das Rennen nach unten immer weiter. Die sind aber leider mit den aktuellen EU-Verträgen nicht machbar, da diese einseitig auf freien Kapitalverkehr setzen und solche Standards nicht vorsehen. Also müssen sich einzelne Länder über eine Besteuerung an der Quelle von jeglichen Finanzflüssen in Steueroasen selbst schützen. Das ist auch gegen EU-Recht, muss aber durchgesetzt werden, wenn wir nicht jegliche Glaubwürdigkeit verlieren wollen.

Was, meinen Sie, kann der Untersuchungsausschuss überhaupt erreichen?

Der Ausschuss an sich kann Empfehlungen aussprechen; die Umsetzung liegt bei den Mitgliedsstaaten und bei der Kommission. Wir sind letztlich nur für den öffentlichen Druck zuständig. Dafür, dass die Menschen mitbekommen, welches Spiel gespielt wird und wie die aktuelle Politik dazu führt, dass sich eine kleine Elite schamlos auf Kosten der Mehrheit bereichert. Gerade in Zeiten der brutalen Kürzungspolitik in der EU müssen wir die Wahrheit darüber ans Licht bringen.

 

Aus: BIG Business Crime Nr. 4/2016

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„Umgeleiteter Zorn“. Über falsche Feindbilder und ihre Wirkung
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