Frankfurt muss die Verfügungsgewalt über seinen Grund und Boden zurückgewinnen!

9. Dezember 2023

Pressemitteilung zur Frankfurter Immobilienpolitik

Frankfurt muss die Verfügungsgewalt

über seinen Grund und Boden zurückgewinnen!

Zwei aktuelle Ereignisse haben den Verein Business Crime Control alarmiert:

Die Signa Holding, Dachgesellschaft für ein unüberschaubares Konglomerat von Subunternehmen des österreichischen Milliardärs Benko, hat sich Ende November 2023 in Wien für zahlungsunfähig erklärt. Da auch die deutsche Kaufhaus-Gruppe Galeria Karstadt Kaufhof und die Warenhauskette Sport-Scheck zu dem Firmen-Imperium gehören, außerdem auch noch Grundstücke im Zentrum, ist auch Frankfurt betroffen. Und mit Millionenkrediten, denen möglicherweise der Ausfall droht, sind auch die Landesbank Hessen-Thüringen sowie weitere deutsche Landesbanken betroffen.  

Die Stadtregierung muss zusehen, wie der kommunale Grund Boden zunehmend Gegenstand von Bodenspekulation wird und in Form von Konkursmassen hin- und hergeschoben wird.

Gleichzeitig weist beispielsweise das Bildungsdezernat zurecht darauf hin, dass für den dringend notwendigen Neubau von Schulen keine Grundstücke mehr zur Verfügung stehen. Das wiederum ist für Grundstücksinvestoren durchaus lukrativ, für die Stadt extrem nachteilig.

Erst jüngst hat die Stadt für zwei neue Gymnasien einen langjährigen Vertrag mit einer kuwaitischen Investment Group abgeschlossen. Mit diesem Vertrag hat die Stadt die Wahl, in 30 Jahren fast eine halbe Milliarde Euro an Mieten zu zahlen oder Grundstück plus Schulen für 350 Millionen Euro innerhalb von drei Jahren zu kaufen. Das wären dann mit je 175 Millionen Euro die teuersten Gymnasien der Republik.

Der Insolvenzfall der Signa-Holding und der Vertrag der Stadt mit der Kamco Invest Group Kuwait, selbstverständlich über mehrere Unterfirmen, sind zwar keine Fälle von Wirtschaftskriminalität, werfen aber die Frage auf, ob unser demokratisches Gemeinwesen noch in der Lage ist, Wählerinteressen gegenüber großen Kapitalunternehmen so durchzusetzen, dass das Gemeinwohl nicht auf der Strecke bleibt.

Im Fall der beiden Gymnasien bedeutet der abgeschlossene Vertrag, dass die Stadt für ein Grundstück, das vor einem Jahr für 160 Millionen Euro den Eigentümer gewechselt hat, jetzt 325 Millionen Euro bezahlt werden. Das wäre eine Profitrate von über 100 Prozent!

Auch im Fall von Benko/Signa dürften die Nachteile für die Stadt erheblich sein.

Beide Fälle werfen Fragen auf:

  • Wer sind die Berater der Stadt?  (Im Fall der Gymnasien hat jedenfalls das Revisionsamt gewarnt)
  • Weshalb werden die Eigentümer- und Haftungsverhältnisse durch immer neue Sub-Gesellschaften verschleiert? (Im Fall der Gymnasien sind es mindestens drei)
  • Weshalb nutzt die Stadt nicht die Möglichkeiten von Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes? (Eigentum verpflichtet, Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit sind möglich und werden im Braunkohleabbau und bei Straßen- und Bahnprojekten auch praktiziert)
  • Denkt die Stadtregierung und die sie tragende Koalition darüber nach, ihre für die Stadtentwicklung und ihre sozialen Folgen wichtigen Eckpunkte nachzuschärfen:

den Baulandbeschluss, den Hochhausrahmenplan und das Integrierte Stadtentwicklungskonzept Frankfurt 2030+ ?

Business Crime Control e.V.
Wirtschaftsverbrechen und Korruption im Focus wissenschaftlicher Kritik