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Wachsende Ungleichheit und Kapitalkriminalität. Folgen neoliberaler Deregulierung

Die Jahrestagung 2017 eröffnete Peter Menne mit einem Aufriß. Er stellte einen Zusammenhang zwischen den beiden beobachtbaren Phänomenen der wachsenden Ungleichheit und der Kapitalkriminalität her. Was beides mit dem Neoliberalismus zu tun hat? – Wir dokumentieren hier seine Eröffnungsrede.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freude,
Herzlich willkommen zur diesjährigen Fachtagung Wachsende Ungleichheit und Kapitalkriminalität. Folgen neoliberaler Deregulierung.

Wir konnten drei Referenten gewinnen, die das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten:

Als erstes spricht gleich Dr. Markus Grabka vom DIW – dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zur Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland.

Einfach schon mal als Information zum Ablauf: nach seinem Vortrag gibt es Zeit zur Diskussion – und dann legen wir eine Mittagspause ein. (…) Um 14 Uhr machen wir hier weiter: als erstes folgt Dr. Benedict Ugarte Chacón mit „Cum / Ex-Geschäfte als Beispiel für Wirtschaftskriminalität“ und um 15 Uhr Mathew Rose mit „Neoliberalismus – der Tod der demokratischen Medien“.

Eine kurze Kaffeepause – und ab 16:30 Uhr beginnt dann die Abschlußdiskussion. Ich habe die Referenten gerade nur benannt. Wir stellen sie jeweils vor dem Vortrag vor.

Doch vorab eine Überlegung zum diesjährigen Tagungsthema: Ungleichheit und Kapitalkriminalität. Zwei Phänomene, beide sind feststellbar. Doch was haben sie miteinander zu tun?

Genau das ist die Frage, die wir uns heute hier stellen. Sie haben sicher unschwer erraten, dass ich davon ausgehe, dass beides eine Menge miteinander zu tun hat. Was aber ist der Wirkmechanismus? Wie hängen sie zusammen?

Wie die wirtschaftliche und soziale Ungleichheit sich entwickelt, das wird uns Markus Grabka gleich im Detail erläutern. Nur soviel vorab: ein ganz wichtiges Datum ist sicher das Jahr 2003 mit seinen Steuerreformen – ein ganzes Bündel: Die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge wurde eingeführt, die Gewinne aus Firmenverkäufen wurden seitdem weitgehend steuerfrei. Banken konnten seither ihre Beteiligungen an Firmen ohne Ertragsbesteuerung auflösen.

Ungleichheit reicht aber noch weiter: „sozial“ hatte ich schon erwähnt. Die Ungleichheit wirkt sich auch auf die Bildung aus. Einfach zur Erinnerung: wichtigstes Ergebnis der Pisa-Studien: in Deutschland erhalten Grundschulkinder die Empfehlung für Haupt- oder Realschule oder für‘s Gymnasium nicht aufgrund ihrer eigenen, individuellen Leistungen. Sondern, so die bittere Wahrheit der Studie, tatsächlich erfolgt die Schulempfehlung nach dem Bildungsstand der Eltern: der Arztsohn, die Lehrertochter muß selbstverständlich auch Abitur machen. Dem Arbeiterkind wird dagegen das „Schuster bleib bei Deinen Leisten“ empfohlen.

Eine weitere Dimension, in der sich Ungleichheit zeigt, ist die Beteiligung an demokratischer Willensbildung: wer geht wählen? Wem ist alles egal, vielleicht auch, weil er seine Interessen sowieso von keiner Partei vertreten sieht? Z.B. bei der Frankfurter Kommunalwahlen war da die Aufschlüsselung nach Stadtvierteln und Wohnbezirken sehr aufschlußreich: da, wo Gutbetuchte und Besserverdienende wohnen, gab es eine sehr hohe Wahlbeteiligung. In schlechteren Vierteln, mit hohem Anteil an Hartz-IV-Empfängern, war sie signifikant niedriger.

Wenn wir von Ungleichheit reden, wäre es also zu eng, nur auf‘s Portemonnaie – oder auf‘s Jahreseinkommen – zu schauen: die soziale, die kulturelle, die demokratische Dimension gehört da mit dazu.

Das ist der eine Punkt. Der andere ist die Wirtschaftskriminalität. Die Angst vor Kriminalität im allgemeinen steigt – zumal in Wahlkampfzeiten, wie sie uns jetzt bevor stehen: Die Mindeststrafe für Einbrecher wird erhöht. Die Maximalstrafe nicht, die lag auch bislang schon bei 10 Jahren, also dem längsten Straßmaß unter „lebenslänglich“.

Nun ist ein Einbruch wirklich eine unangenehme Sache, da gibt‘s nichts zu deuteln. Mir selbst wurde vor ein paar Jahren im Urlaub das Motorrad geklaut – und die ganze Erholung war damit hinüber. Also: für das Verbrechensopfer sind die Folgen massiv spürbar. Aber für die Volkswirtschaft, wie sieht‘ da aus?

Wieviel haben die rumänischen Einbrecherbanden, vor denen zu Recht gewarnt wird, erbeutet? Das mal verglichen mit den Finanzanlage-Schlawinern von S & K, die gerade verurteilt wurden: die Anlageberater wurden nicht nur durch rauschende Parties mit Edelhuren bekannt, sondern hatten säckeweise Münzen, um wie Dagobert Duck im Geld zu baden. Gesamtschaden: 240 Millionen Euro. Jetzt wurden sie nicht wegen Betrugs, sondern nur wegen Untreue verurteilt, zu je 8 ½ Jahren verurteilt.

Das, einfach um mal die Dimensionen zu verdeutlichen. Emotional liegt einem der geklaute Familienschmuck viel stärker am Herzen als verzocktes Spekulationsgeld. Aber wenn man auf‘s Schadensausmaß schaut, sind das Welten.

Oder immer noch „Peanuts“, das hübsche Wort, dass der frühere Vorstandssprecher der Deutschen Bank Hilmar Kopper so berühmt gemacht hat. Denn bei Cum- / Ex-Geschäften geht es darum, dass bei jeder Dividenden-Ausschüttung Kapitalertragsteuer einbehalten wird – einmal. Wenn man die Aktie aber rund um den Ausschüttungstag mehrfach hin- und herverkauft, konnte man sich die Kapitalertragsteuer mehrfach erstatten lassen. Einmal zahlen – mehrfach erstatten: ganz offensichtlich ist das nicht ganz sauber. In den letzen 10 Jahren hat das den Staat 5 Milliarden gekostet – pro Jahr! Bei zehn Jahren also schätzungsweise 50 Milliarden.

Schon wieder eine ganz andere Größenordnung: dagegen könnten die 240 Millionen von S & K schon als Peanuts erscheinen.

Es sind nicht viele Fälle und auch nicht viele Personen, die da mit Maßanzug und goldenen Manschettenknöpfen das Verbrechen mit solchen Schadens­summen betreiben. Aber das Ausmaß ist eben ein Vielfaches von dem, was der durchschnittle „Panzerknacker“ und Einbrecher an Schäden verursachen. Weiteres Beispiel: die HRE – die Hypo Real Estate. Auch da läuft gerade der Prozeß gegen den Vorstand, der mit seinem Mißmanagement dafür gesorgt hat, dass die Bundesrepublik die Bank mit Milliarden retten mußte. Wenn ich‘s recht verfolgt habe, verzichtet die Staatsanwaltschaft auch hier auf den Betrugsvorwurf, sieht schwächere Delikte – und der Vorstand selbst fühlt sich komplett unschuldig.

Über die Deutsche Bank hat Wolfgang Hetzer auf der letzten Tagung berichtet. Seine Kernfrage: „Ist die Deutsche Bank eine kriminelle Vereinigung“? Deren Verhandlungen mit der US-Administration standen in den letzten Wochen in der Zeitung: das ursprünglich avisierte Milliarden-Bußgeld hat sie auf rund die Hälfte heruntergehandelt – wäre der Deutschen Bank das nicht gelungen, hätten manche Analysten Zahlungsschwierigkeiten bis hin zur Zahlungsunfähigkeit befürchtet.

So weit die Zustandsbeschreibung – was haben die beiden Phänomene nun miteinander zu tun? Dazu einen ganz kurzen Blick auf etwas drittes: im Wirtschaftswunderland betrieb man Wirtschaftspolitik nach den Ideen des Keynesianismus. Der wurde abgelöst durch neoliberales Denken. „Jeder ist seines Glückes Schmied“ zählt zu den Grundfesten des Neoliberalismus, der am liebsten von allen Regulierungen befreien würde: der Markt werde es schon richten, wenn er nur völlig ungestört walten könnte, so deren Credo.

Die neoliberale Sicht paßt gut zum Protestantismus: wer sein Geschäft macht, den wird Gott dazu auserwählt haben. Wer pleitegeht, wird schon selbst schuld sein. Wer nie etwas hatte, dass er verlieren konnte, auch.

Wirtschaftspolitik zuzeiten des Wirtschaftswunders war da anders orientiert. Die vielleicht stärkste anders orientierte Ausprägung war das schwedische Modell vom Wohlfahrtsstaat. Für den war eine Umverteilung ganz selbstverständlich: zum Ausgleich zwischen Vermögenden und weniger Bemittelten. Und auch, um die Binnennachfrage zu stärken. Mit der Hegemonie des Neoliberalismus wurden solch sozialstaatliche Instrumente verteufelt – und abgeschafft.

Ein Ergebnis: die zunehmende Ungleichheit. Aus neoliberaler Sicht nur konsequent. Aber aus humanistischer Perspektive? Gibt das eine lebenswerte Gesellschaft? Eine, in der Freiheit gedeihen kann? Also mehr, als nur wirtschaftliche Freiheit?

Wirtschaftliche Freiheit: der andere Punkt. Jede Regulierung ist dem Neoliberalen eine Regulierung zuviel. „Der Markt wird‘s schon richten“ – so sein Glaubensbekenntnis. Eine Reihe von Schranken für das Wirtschaftsgeschehen sind gefallen. Stichwort „Privatisierung“, genauso die Ausweitung handelbarer Güter an den Börsen: nicht nur Aktien und Rentenpapiere werden dort gehandelt – nein, neoliberale Denkweise sorgte für eine Ausweitung z.B. durch Termingeschäfte. „Leerverkäufe“ sind bekannt geworden. Man verkaufe eine Aktie, die man gar nicht hat, auf Termin – und spekuliert darauf, dass mit genügend Verkaufsorders deren Kurs so in den Keller geht, dass man sie dann billig tatsächlich kaufen und den Kontrakt erfüllen kann. Wenn nicht: die englische Barings Bank ist 1995 von einem Terminhändler in die Pleite spekuliert worden – Nick Leeson. Einige Jahre später erging es der französischen Großbank Société Générale ganz ähnlich: ihr Aktienhändler Jérôme Kerviel bescherte ihr einen Verlust von 4,9 Mrd. Euro.

Deregulierung: beide Händler hatten interne Kontrollmechanismen umgangen. Wir erinnern uns an das Motto „jeder ist seines Glückes Schmied“. Die Händler hatten die neoliberale Devise, dass keine Regulierung für den Markt das beste ist, wohl zu ernst genommen – und konnten den von ihnen angerichteten Schaden natürlich nicht regulieren.

Hier wird deutlich: neoliberale Denkweise fördert eine Glücksritter-Mentalität: lieber Selbstbedienung als Verantwortung übernehmen. Wo jede Regulierung zuviel ist, verwundert es nicht, wenn das Unrechtsbewußtsein sinkt.

Man könnte eine weitere These aufstellen – bzw. manche von uns haben das gemacht. Vielleicht können wir den Gedanken in der Diskussion vertiefen: aus der zunehmenden Ungleichheit entsteht ein Überschuß an Kapital. Kapital, das Anlagemöglichkeiten sucht – aber mit dem Ackermann‘schen Ziel einer 25 – Prozent-Rendite (Deutsche Bank, wir erinnern uns) muß man riskante Geschäfte machen. „Riskante Geschäfte“: schöne Umschreibung für echte Zocker-Mentalität, die da erwacht.

Wenn Kapitalkriminalität anwächst, dann paßt das zum neoliberalen Denkmodell. Irgendwie sieht sie so aus wie genau die Verhaltensweisen und Eigenschaften, die vom neoliberalen Diskurs gelobt werden – nur in ein vielleicht unerwartetes Extrem gesteigert.

Blick zurück zur Ungleichheit: die Managergehälter sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen – nicht aber die der Tarifbeschäftigten. Denen wurde Lohnzurückhaltung empfohlen: zur sogenannten „Sicherung ihrer Arbeitsplätze“. Wenn‘s um die Exportfähigkeit geht, vergleicht der Exportweltmeister seine Lohnkosten gerne mal mit denen von sagen wir Süditalien oder der inneren Mongolei. Mit der muß man „konkurrenzfähig“ bleiben!

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“: Parole der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung oder der Frauenbewegung in Deutschland – klingt in den Ohren eines Neoliberalen gleichmacherisch, geradezu sozialistisch. Die Ungleichheit wird als Ausdruck von Individualität empfunden. Auch hier vom Denken, vom Diskurs und der daraus folgenden Praxis paßt es in den Neoliberalismus: er scheint die gemeinsame Wurzel von beidem.

Ob dem so ist, ob die These tragfähig ist: das wollen wir mit der heutigen Tagung untersuchen. Darum genug der Vorrede.

Als ersten Referenten begrüße ich Dr. Markus Grabka.

Herr Grabka forscht am DIW mit dem Schwerpunkt Einkommens- und Vermögensverteilung und zur Gesundheits- & Krankenversicherung. Er studierte Informatik und Soziologie an der TU Berlin und promovierte 2004 mit „ Zwischen Bürgerversicherung und Pauschalprämie : die künftige Finanzierung der Krankenversicherung in Deutschland“ (erschienen im VDM Verlag Dr. Müller, 2007) zum Doktor der Gesundheitswissenschaften. Das verleitet fast zur Frage: wie gesund ist denn die schiefe Verteilung von Einkommen und Vermögen? Ich will nicht vorgreifen – Herr Dr. Grabka, Sie haben das Wort!

Peter Menne war von April 2017 bis Ende 2018 stellvertretender Vorsitzender von Business Crime Control.

Tagungen, Veranstaltungen
BCC-Fachtagung 2017 wendet sich gegen soziale Ungleichheit
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